Wie emotionale Intelligenz unsere Beziehungen beeinflusst

Männer und Frauen ticken eben doch unterschiedlich

Obwohl die Gesamtanzahl an Eheschliessungen in Europa rückläufig ist, hat sich die Scheidungsziffer erhöht. Da die sozialen Zwänge eine Beziehung auf Biegen und Brechen weiterzuführen tendenziell abnehmen, wird der emotionalen Intelligenz eine immer wichtigere Bedeutung beim Erhalt einer gesunden Beziehung beigemessen.

So definieren unsere Emotionen, ob eine Beziehung stabil und längerfristig oder anstrengend und kurzfristig ist. Die Wurzeln für das emotionale Erleben von Beziehungen reichen in die Kindheit zurück und sind geprägt durch unterschiedliche emotionale Wahrnehmungen von Mädchen und Jungen.

Wie die Kindheit unsere Emotionen prägt

Nach Goleman, einer der Pioniere im Bereich der emotionalen Intelligenz, ist das häufigste Muster, welches man bei streitenden Paaren vorfindet, folgendes: ER beklagt sich über «unzumutbare» Anforderungen und zieht sich zurück und SIE beklagt sich über seine Gleichgültigkeit und unternimmt Versuche, ihn noch stärker zu binden.

Eine Beziehung befindet sich also ständig in einem Dilemma zwischen Bindung und Rückzug, welches auf unterschiedliche Realitäten während der Kindheit zurückgeführt werden kann (nebst natürlich den biologischen Gründen). Sie und Er erlernen nicht den gleichen Umgang mit Emotionen im Kindesalter:

Eine Studie von Leslie Brody und Judith Hall zeigt, dass Mädchen mehr Informationen von ihren Eltern zu Emotionen erhalten, schneller lernen sich sprachlich zu artikulieren und ihre Gefühle auszudrücken. Bei Jungen hingegen wird weniger Wert auf die Verbalisierung von Emotionen gelegt und dies führt dazu, dass diese teilweise unbewusst bleiben.

Auch das Verhalten in Gruppen weist deutliche Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen auf: während die Mädchen darauf bedacht sind in kleineren Gruppen zu spielen und den Austausch untereinander zu verstärken, spielen Jungen eher in grösseren Gruppen, wo Konkurrenzverhalten natürlich ist.

So betont Goleman: «Jungen beziehen ihren Stolz aus einer einsamen, unbeugsamen Unabhängigkeit und Autonomie, während Mädchen sich als Teil eines Netzes der Verbundenheit sehen. Jungen fühlen sich daher von allem bedroht das ihre Unabhängigkeit gefährden könnte, während Mädchen sich eher von einem Bruch ihrer Beziehungen bedroht fühlen»

Frauen sind tatsächlich emotionaler als Männer

Viele Studien zeigen auf, dass Frauen durchschnittlich mehr Empathie aufbringen und ihre Emotionen stärker erleben als Männer. So sind es auch oft die Frauen, die sich als «Manager» der Beziehung sehen und deutlich mehr das Bedürfnis haben, alles zu diskutieren und darüber reden zu müssen. Dies wird wiederum wird vom Mann missverstanden und ihm ist nicht klar, was ihm die Frau genau sagen möchte.

Goleman drückt dies folgendermassen aus: «Männer begnügen sich damit, über «Dinge» zu sprechen, während Frauen eine emotionale Verbindung suchen».

Eine interessante Erkenntnis, den Huston in seiner Studie machte ist, dass Männer in der Anfangsphase einer Beziehung noch viel eher zu solchen Gesprächen bereit sind als wenn sie beispielsweise verheiratet sind. Nach einer gewissen Zeit rückt also das gemeinsame Unternehmen in den Vordergrund und gemeinsame Gespräche werden vermieden. Dies kann auch damit zusammenhängen, dass Männer ihre Beziehung oft positiver einschätzen als Frauen, die dazu neigen, sich eher auf Schwierigkeiten zu fokussieren.

Diese Geschlechterunterschiede machen deutlich, weshalb Frauen sich beschweren, dass Männer unangenehmen Diskussionen aus dem Weg gehen.

Wie also soll man sich nun verständigen?

Anstatt sich in schwierigen Situationen auf Einzelfälle wie beispielsweise «du bist wieder zu spät» oder «du hilfst nie mit» zu konzentrieren, ist es viel wichtiger, sich auf die Qualität der Diskussion, auf das Wie, zu fokussieren. Daraus folgt auch, dass man ein klares Verständnis darüber hat, worüber man sich eben nicht versteht.

Um eine solche Diskussion führen zu können, benötigt man die Fähigkeit sich zu beruhigen, den Partner anzuhören und Empathie zu zeigen – nur so fühlen sich beide verstanden und können sich offen und wertfrei die Meinung des anderen anhören. Um einen konstruktiven Dialog zu unterstützen, sollten die gemachten Äusserungen die eigenen Gefühle einbeziehen und nie eine Kritik an der Person direkt sein.

Der bekannte Psychologe Haim Ginnot hat dazu die «XYZ-Formel» entwickelt. Diese schlägt vor, eine Beschwerde folgendermassen zu formulieren: «Als du X getan hast, habe ich mich Y gefühlt, und ich hätte gewünscht, du hättest Z getan».

Eine weitere Taktik, um die Diskussionsqualität in einer Beziehung zu verbessern, ist das sogenannte «Spiegeln». Hierbei versucht der eine Partner die gemachten Vorwürfe des Anderen in seinen Worten zu wiederholen und teilt mit, wie er denkt, dass sich der Partner dabei fühlt. Schliesslich gibt der Partner, der die Vorwürfe gemacht hat, Feedback und das «Spiegeln» wird so lange wiederholt bis der Partner die Vorwürfe des Gegenübers mit den damit verbundenen Emotionen richtig wiedergeben kann.

Kurzum: emotionale Intelligenz ist eine Grundvoraussetzung für das Führen einer gesunden Beziehung. Da diese Fähigkeit zwar erlernbar ist, aber diese neue Art zu denken und zu handeln erst in unserem System verankert werden muss, lohnt es sich, diese ausserhalb von kritischen Streitgesprächen anzuwenden.

Weil unser Gehirn bei emotional anspruchsvollen Situation sehr schnell aufgrund gemachter Erfahrungen und Erinnerungen reagiert, muss man sein neues Verhalten gewissermassen üben. Ohne Übung kann es sehr schwierig sein, sich in Streitsituationen zu besinnen und die neuen Kommunikationsfähigkeiten anzuwenden.

Quelle und Buchempfehlung: Daniel Goleman, Emotionale Intelligenz

Achtsamkeitstraining sowie das Mental Strength Coaching zielen darauf ab, die eigenen Gedanken und Emotionen besser zu verstehen, die Selbstbeherrschung zu stärken und mental fit zu werden, um mit Herausforderungen besser umzugehen.

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